Der 10-Punkte-Plan zählt Schlüsselmaßnahmen für die Energiewende auf. Der ZVEH kritisiert dabei die Herabsetzung von Zielen und Tempo.
Welche negativen Folgen hat es für Deutschland und eine zukunftsfähige Wirtschaft, wenn die Ziele der Energiewende verfehlt werden? Diese Frage wird aktuell im 10-Punkte-Plan der Bundesregierung nicht beantwortet. In dem auf Basis des Energiewende-Monitorings erstellten Plan zählt das Bundeswirtschaftsministerium (BMWE) Schlüsselmaßnahmen im Hinblick auf die Energiewende auf. Der ZVEH unterstützt Ansätze wie die Einführung der zweiten Säule des europäischen Emissionshandels (ETS-2), kritisiert aber die Herabsetzung von Zielen und Tempo sowie die Fokussierung auf Kosten. Positive Effekte einer ambitionierten Energiewende und wirtschaftliche Chancen werden vernachlässigt.
Bereits vor der Präsentation des vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWE) beauftragten Energiewende-Monitorings war vermutet worden, dass der zukünftige Energiebedarf in Deutschland nach unten korrigiert wird. Seit Montag steht fest: Das Ministerium von Katherina Reiche hält zwar am Ziel fest, den Anteil des aus Erneuerbaren Energien erzeugten Stroms bis 2030 auf 80 Prozent zu steigern. Durch den nun prognostizierten geringeren Stromverbrauch sinken aber auch die absoluten Ausbauziele für Erneuerbare Energien und Netzausbau. Die Regierung rechnet sich also ihre Aufgaben kleiner. Dadurch verstärkt sie die Gefahr, die Wirtschaft bei einer Zielverfehlung zu beschädigen, weil Innovationen verpasst werden, Energiepreise steigen und Folgekosten aufgrund verspäteter Investitionen zur Bewältigung des Klimawandels entstehen.
Regierung rechnet sich ihre Aufgabe kleiner
Ging die Vorgängerregierung aufgrund einer wieder anspringenden Wirtschaft noch von einem Bedarf von rund 750 Terawattstunden (TWh) im Jahr 2030 und Studien sogar von einem Bedarf von 900 TWh aus, sollen es nun nur noch 600 bis 700 TWh sein. Dieses Hin und Her in der Energiepolitik erzeugt Verunsicherung. Der Zentralverband der Deutschen Elektro- und Informationstechnischen Handwerke (ZVEH) sieht damit seine Befürchtung bestätigt, dass das Tempo der Energiewende künftig gedrosselt wird. Außerdem sendet die Bundesregierung im Grunde das fatale Signal, dass es kein Wirtschaftswachstum geben wird.
Der ZVEH unterstützt zwar den klaren Marktansatz durch einen ETS-2, weil dadurch ein marktförmiges Anreizsystem zur Abschaffung der CO2-Emissionen eingeführt wird. Die daraus resultierenden Konsequenzen muss die Politik nun aber auch in den Mittelpunkt ihrer Kommunikation stellen. Auch Kostenreduktionen und die Marktintegration der Erneuerbaren-Energien-Erzeuger müssen vorangetrieben werden.
„Das Papier des BMWE nimmt jedoch in Bezug auf die Erneuerbaren Energien und den Netzausbau einseitig nur die Kosten in den Blick“, kritisiert ZVEH-Hauptgeschäftsführer Alexander Neuhäuser: „Die positiven Effekte eines ambitionierten Ausbaus für die Wirtschaft und dadurch entstehende Wettbewerbs- beziehungsweise Standortvorteile werden dagegen nicht berücksichtigt. Auch das Risiko von Hemmnissen für die Wirtschaft durch einen zu langsamen Ausbau wird nicht thematisiert.“ Betroffen sieht Neuhäuser dabei vor allem die Anbieter von Zukunftstechnologien: „Es besteht die Gefahr, die Fehler der Vergangenheit zu wiederholen und durch einen zu zaghaften Ausbau Strompreise zu verteuern, damit den Wirtschaftsstandort Deutschland zu schwächen und Energieabhängigkeiten zu erhalten.“
Willkürliche Zielverringerung reduziert Ausbaunotwendigkeit
Neuhäuser warnt zudem, dass eine willkürliche Verringerung der Energiewendeziele die Ausbaunotwendigkeit für Erneuerbare und Netze reduziere. Es entstehe der Eindruck, dass es gar nicht um einen marktorientierten Ansatz gehe, sondern vielmehr politisch motivierte Gründe für eine Reduktion der Stromausbauziele gebe. Darüber hinaus bemängelt die e-handwerkliche Organisation, dass Ministerin Reiche den auf 600 bis 700 TWh prognostizierten zukünftigen Stromverbrauch mit dem Zusatz, „es ist davon auszugehen, dass der Strombedarf am unteren Ende liegt“, direkt wieder in Frage stellt und sich damit die Option einer weiteren Reduktion offenhält. „Das erweckt den Eindruck, die wissenschaftliche Studie sei ideologisch geprägt“, moniert Neuhäuser.
Verstärkt wird dieser Eindruck nach Ansicht des ZVEH dadurch, dass der 10-Punkte-Plan in vielen Punkten vage bleibt und dass daraus keine konkreten Maßnahmen abgeleitet werden. Einzige Ausnahme: der Abbau von Förderung für Erneuerbare Energien. Eine Unwucht, die zu Lasten derjenigen geht, die in Zukunftstechnologien wie Photovoltaik oder Wärmepumpen investieren wollen.
Wirtschaftswachstum wird behindert
„In dem Bestreben, mit einer ambitionierten Energiewende verbundene Fehlinvestitionen zu verringern, wird eine Zielunterschreitung riskiert – mit allen daraus folgenden Konsequenzen für die Wirtschaft. Denn, wenn der Netzausbau gebremst und zurückgestellt wird, kann für Industrie, Gewerbe, Rechenzentren und zahlreiche weitere Dienstleistungen, die zunehmend mehr Energie benötigen, nicht genug Strom bereitgestellt werden. Ein Wachstum dieser Wirtschaftszweige wird damit behindert“, macht Alexander Neuhäuser deutlich: „Statt die Energiewende als Wettbewerbsvorteil zu nutzen, wird sie wieder einmal als Last dargestellt. Das muss aufhören, denn sonst werden die notwendigen Kräfte zum Erreichen der Ziele nicht freigesetzt!“
Quelle: ZVEH
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